Halloween Special (Teil 1): Schaurig-schöner Bodensee!
Shownotes
Mit unseren Expert*innen für alles Gruselige:
Ulrich Büttner, Historiker und Stadtführer aus Konstanz "Geheimnisvolle Bodenseegeschichten" (mit Agnieszka Podworna) Stadtführungen und Vorträge: ulrich.buettner@bildungszentrum-konstanz.de
Ursula Ippen, Stadtführerin aus Lindau Termine: info@stadtfuehrung-lindau.de www.stadtfuehrung-lindau.de
Horst-Dieter Radke, Autor und Lektor aus dem Taubertal "Sagen & Legenden vom Bodensee", Regionalia Verlag https://hd-radke.de/
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00:00:00: Ja, herzlich willkommen zum Bodensee Podcast, dem Grusel-Podcast von echt Bodensee.
00:00:18: Wir haben diesmal ein großes Halloween Special für euch am Start.
00:00:22: Im zweiten Teil werden wir kurz vor Halloween die coolsten Events und schönsten Familienangebote
00:00:27: rund ums Kürbisfest hier am See vorstellen.
00:00:29: Heute wollen wir euch aber zunächst einstimmen auf Halloween, und zwar auf Halloween am Bodensee.
00:00:35: Halloween ist überall in Deutschland im Kommen, schon lange leuchten am 31. Oktober auch hier
00:00:41: zu landen, die gruselig geschnitzten Kürbisfratzen vor den Häusern und die Kinder klingeln und wollen
00:00:47: Süße oder Saueres. Der Bodensee allerdings betet im Herbst genau das richtige Setting für alles
00:00:52: schaurig schöne und hat all denen unter uns, die, na sagen wir mal, den gepflegten Grußel lieben,
00:00:58: einiges zu bieten, wie wir herausgefunden haben.
00:01:01: In Konstanz treffen wir Ulrich Büttner, Historiker, Autor, Gymnasiallehrer und Leiter des Bildungszentrums.
00:01:11: Wir möchten aber vor allem über seine große Leidenschaft mit ihm sprechen.
00:01:15: Gemeinsam mit seiner Frau betet Ulrich Büttner nämlich in Konstanz die beliebten Gruselführungen an.
00:01:21: Ja, seit mittlerweile über 23 Jahren bin ich auch Stadtführer in Konstanz, präsentiere
00:01:28: meine Heimat statt, auch wenn ich nicht so klinge, ich bin waschechter Konstanzer oder für die
00:01:33: einheimischen Konstanzer. Und was eine ganz besondere Leidenschaft von mir ist, dass ich
00:01:39: bei meinen Rundgängen auch ein bisschen das unheimliche, das unerklärliche, mystische
00:01:44: gruselige in den Mittelpunkt stelle und deswegen biete ich unter anderem schon seit einigen Jahren
00:01:49: auch die Gruselführungen in Konstanz an. Wobei es geht nicht darum, dass sich die Leute ständig
00:01:53: mit irgendwelchen billigen Effekten erschrecken will, sondern ich erzähle ihnen Geschichten,
00:01:58: wahre Geschichten, aber auch Legenden und Mythen, die sich hier in Konstanz oder in der nahen Umgebung
00:02:04: zugetragen haben. Es ist auch lustig, also bei jeder Mannschaftführung wird auch gelacht,
00:02:08: das ist ganz klar. Aber der Grudelfaktor, der Gänsehautfaktor steht schon im Mittelpunkt.
00:02:13: In der langen Zeit, in der Ulrich Büttner seine Gruselführungen bereits anbietet,
00:02:18: hat er die Erfahrung gemacht, dass seine Gäste davor nicht zurückschrecken. Im Gegenteil,
00:02:22: die Menschen suchen den Grusel. Absolut, hat sich noch niemand beschwert. Also die suchen den
00:02:28: Grudel, die wollen ein bisschen das Unheimliche erleben oder davon hören und ich führe die Leute
00:02:33: ja dann auch zu Orten, die man so im Alltag gar nicht besucht oder wenn dann nur unter ganz
00:02:38: anderen Blickwinkel betrachtet und viele Leute, die nicht dann später wieder begegnen, sagen mir
00:02:43: auch jetzt laufen sie mit ganz anderen Augen durch die Stadt und sehen auch so ein bisschen die
00:02:46: dunklen Ecken. Die dunklen Ecken, was wären dann Beispiel für dunkle, aber spannende Ecken? Ja,
00:02:51: zum Beispiel meine Schule, das ist Alexander vom Hummeltgymnasium, wo ich unterrichte, das ist am
00:02:57: Rande der Konstanzer Altstadt und in der Tat, das sind keine Fake News, es ist erbaut auf einem
00:03:02: Friedhof. Also meine Schüler kennen die Geschichte auch alle und dort haben auch alle möglichen
00:03:08: merkwürdigen Begräbnisse stattgefunden. Das haben die Archäologen dann auch festgestellt von
00:03:12: potenziellen Vampirbegräbnissen, da ist man sich nicht ganz sicher, von Leuten, die lebendig
00:03:18: begraben wurden und so weiter. Also das alles ist auf dem Gelände des Alexander vom Hummeltgymnasiums
00:03:23: geschehen. Das ist natürlich schon ein netter Gutelfaktor und ich gehe ja mit den Leuten eigentlich
00:03:28: da auch immer abends sind, da ist es dunkel, da ist nicht mehr viel los. Das ist schon so ein leichtes
00:03:32: Schauern. In Lindau sozusagen am anderen Ende des Bodensees treffen wir eine Kollegin von Ulrich
00:03:38: Bittner, wenn man so will. Ursula Ippen ist passionierte Stadtführerin von Lindau im Bodensee.
00:03:42: Auch sie hat so ihre Erfahrungen mit Tod und Teufel gemacht. Hallo Frau Ippen. Hallo Herr Meister
00:03:48: Hans. Ich habe es ja gerade schon ein bisschen verraten. Sie sind Stadtführerin. Ich habe auch
00:03:52: dazu gesagt passioniert. Das ist der Eindruck, den ich habe. Vielleicht erzählen Sie doch einfach
00:03:56: mal ein bisschen, was hat sie zur Stadtführung gebracht? Ach, wenn man in so einer wunderschönen
00:04:00: Stadt wie Lindau leben darf, interessiert man sich zwangsläufig irgendwann für die Geschichte
00:04:04: und diese Faszination der Lindauer Geschichte war dann so groß, dass der Weg zu zwangsläufig
00:04:11: zur Stadtführerei hinführte. Da gab es fast keinen anderen Weg, so vieles beschreiben. Ja,
00:04:16: ich hatte im Vorfeld Kontakt zu Ihnen aufgenommen, weil ich vermutet hatte, dass es auch Lindau
00:04:23: gruselig, grausige, faszinierende Themen zu bieten hat. Wir sind auch darauf gekommen, weil sie ursprünglich
00:04:28: Themenführungen angeboten haben. Also Stadtführungen, die so ein bisschen den Grusel thematisiert haben.
00:04:33: Ist das richtig? Ja, auf den Spuren des Lindauer Schafrich, das war eine Führung und eine
00:04:39: Friedhofsführung Angst vor Tod und Teufel. Das passt ja wunderbar zu unserem Thema Halloween.
00:04:43: Sie haben mich jetzt aber heute nicht auf einen schaurigen Friedhof entführt, sondern sie haben
00:04:51: eine ganz andere faszinierende, tolle Location gefunden, in der wir uns jetzt gerade befinden und
00:04:56: wo wir das Gespräch hier führen. Man kann es vielleicht ein bisschen auch akustisch wahrnehmen.
00:04:59: Frau Eppen, wo sind wir heute hier? Wir sind in unserem Lindauer Diebsturm, ein Turm aus dem
00:05:05: 14. Jahrhundert eigentlich der Turm des Hochwächters, der oben Ausschau halten musste, wie wird das
00:05:11: Wetter, kommen Feinde. Aber ein Hochwächter war ein unehrlicher Mann und viel zu schade für so
00:05:17: einen unehrlichen Mann so einen großen Turm zu bauen. Also mussten andere Verwendungszwecke
00:05:22: gefunden werden. Das verließ die Folterkammer und die Kammer, wo der Delinquent wieder äußerlich
00:05:29: unversehrt hergestellt werden sollte. Im Lindauer Diebsturm ging es also hoch her. Ursula Itten
00:05:36: hat sich diesbezüglich viel mit Sprache auseinandergesetzt. Im Diebsturm wurde es seinerzeit
00:05:41: nämlich peinlich, womit damals aber viel mehr gemeint war als heutzutage. Ja, im ersten Stock
00:05:48: wurde die peinliche Frage gestellt. Wenn uns heute etwas peinliches war, meine Güte, dann zucken war die
00:05:53: Schultern, aber in dem Wortstamm steckt schon Pein und das bedeutet die Schmerzen und das war
00:05:58: die Folter. Und Lindauer hatte seit dem 14. Jahrhundertes Hochgericht einen Henker. Seine Aufgabe war es im
00:06:05: ersten Stock, diese entsprechende Folter durchzuführen und jeder Henker hatte da seine eigenen Methoden.
00:06:12: Die mag man sich gar nicht so genau vorstellen. Für Horst Dieter Radges Arbeit spielt Vorstellungskraft
00:06:19: allerdings eine große Rolle. Als Autor und Schriftsteller hat er sich vielfach mit Märchen,
00:06:24: Sagen und Fabeln beschäftigt. Als ein Verlag ihn eines Tages fragte, ob er nicht auch ein Buch
00:06:29: über Sagen und Legenden am Bodensee schreiben wolle, muss der nicht lange überlegen, aus mehreren Gründen.
00:06:35: Das habe ich natürlich gerne gemacht, weil ich auch den Bodensee liebe. Ich bin in den letzten
00:06:41: Jahrzehnten immer wieder am Bodensee unterwegs gewesen und wenn ich unterwegs bin, interessiere
00:06:46: mich auch immer für die historischen Gegebenheiten und was es ihm umfällt zu finden und sagen,
00:06:53: Legenden ist der Bodensee ja reich. Was mir besonders immer gefällt ist, anders als bei Märchen,
00:07:00: ist bei Sagen und Legenden ja immer etwas vorhanden an historischem Hintergrund. Nicht unbedingt
00:07:07: in dem Sinne, dass man sagen kann, da steckt eine volle Wahrheit hinter. Manchmal wird etwas
00:07:12: beschönigt, manchmal wird etwas umgedeutet, manchmal wird etwas zusammengefasst, aber manchmal
00:07:17: auch einfach nur erfunden, außer an der bestimmten Situation heraus. Einer gruseligen Figur ist
00:07:23: Horst, die Taratke bei seiner Arbeit am Bodensee immer wieder begegnet. Einer Figur, die hier in
00:07:28: der Region jeder kennt, der sich ein wenig fürs übernatürliche interessiert. Und zwar das
00:07:33: Poppele, das als mythische Gestalt mit Unfug im Kopf wunderbar zu Halloween passt. Stichwort
00:07:38: Trick-or-Treat oder wie die Kinder bei uns eben sagen, Süße oder Sauris. Es gibt ja zahlreiche
00:07:44: Sagen, um diese Figur Poppele, die historisch nicht zu verorten ist, aber es gibt den hohen
00:07:52: Wild und die Burg da drauf und die eindrucksvolle Ruine und berichtet rüber, dass Raubritter da
00:07:58: zugegen gewesen sind, die ja schon einiges an Umtrieben hatten. Und die andere Seite ist,
00:08:04: denke ich, wenn man sich die Sagen so anguckt, er macht ja viel Unsinn, er näckt ja die Leute,
00:08:10: er ärgert die Bauern und manchmal hilft er ihnen auch. Und da schält sich für mich so das Bild
00:08:16: heraus, alles was schief geht, schiebt man am besten jemand anderes zu. Und jemand, der sich nicht
00:08:23: werden kann, es ist so eine mythische Gestalt, ob Geld verloren ist, ob Weizen umgefallen ist oder
00:08:30: was auch immer. Das heißt, das Poppele ist also ein umtriebiger Geist, der in allerlei Formen
00:08:35: auftritt oder wie muss ich mir den Kerl vorstellen. Immer so als jemand auf, der sich lustig macht
00:08:41: über die Leute und da fällt einer in den Wach und der Brücke, dann hat natürlich der Poppele
00:08:46: gestoßen und die Pferde sind nicht richtig angespannt und der Wagen bleibt liegen oder
00:08:51: jemand verliert sein Geld, immer war da der Poppele mit dabei. Auch Ulrich Bütner hat
00:08:58: gemeinsam mit einer Kollegin ein Buch übers Übernatürliche am Bodensee geschrieben. Dafür
00:09:02: hat er sich auch mit Menschen unterhalten, die ihm berichtet haben, dass sie selbst Unerklärliches
00:09:07: erlebt haben. Genau und da habe ich Geschichten zusammengetragen. Ich war in Archieben, habe mir
00:09:12: alte Bücher angeschaut, habe aber auch Leute interviewt, die mir irgendwie geheimnisvolle,
00:09:16: unheimliche Geschichten erzählt haben, die sie selber erlebt haben oder von denen sie gehört
00:09:20: haben. Und natürlich muss man immer aufpassen, ich habe da auch Leute interviewt, ich hoffe die
00:09:25: Person hört es nicht so. Ich habe nicht alle Geschichten aufgenommen. Eine Person hat mir erzählt,
00:09:29: dass sie im Wald bei Detttingen, das ist ein Vorort von Konstanz, von Ufos, so ein Außerirdischen
00:09:34: entführt wurde. Die Geschichte habe ich jetzt nicht mit aufgenommen. Also was mir zuverrückt
00:09:37: klingt, habe ich gelassen. Ansonsten habe ich dann buntes Sammel Surium aus alten und neuen
00:09:42: Geschichten zusammengetragen. Verraten Sie uns doch mal ein schauriges Beispiel. Ja, also eine Geschichte,
00:09:47: die mir eine Frau erzählt hat, die ich persönlich auch kenne, die halte ich nicht für eine Spinnerin.
00:09:51: Sie lebt in Bodmann in einem kleinen Haus zusammen mit ihrer Mutter. Die haben im Erdgeschoss gewohnt
00:09:59: oder wohnt da immer noch und oben im ersten Stock hat ihre Tante gewohnt, die Schwester von der
00:10:03: Mutter. Die ist vor einigen Jahren gestorben. Dann passierte das Unheimliche. Die beiden Damen
00:10:11: saßen unten, die beiden Frauen und haben zur Abend gegessen und haben dann Geräusche über sich
00:10:16: gehört, obwohl die Wohnung leer war. Es klang so, jede Nacht oder jeden Abend, dass da die Tante
00:10:21: oben rumläuft und es hat Geschirr geklappert und so weiter. Das fanden sie unglaublich unheimlich
00:10:26: und das ist tatsächlich eine Zeit lang so gegangen. Sie haben niemanden gesehen, aber sie haben immer
00:10:30: wieder diese Geräusche gehört und nach einer gewissen Zeit hat es dann aufgehört. Als wenn die
00:10:34: Tante noch nicht so ganz gehen wollte, doch noch eine Zeit lang geblieben ist und das getan hat,
00:10:39: was sie zu Lebzeiten getan hat und dann ist es verstummt sozusagen. So wie Sie es erzählen,
00:10:44: hatten Sie das Gefühl, als die Dame Ihnen das erzählt hat, dass da was dran ist? Also ich will
00:10:50: jetzt nicht irgendwelche esoterischen Spinnereien hier verbreiten. Ich bin ein sehr rationaler Mensch,
00:10:57: muss ich gleich dazu sagen. Ich glaube, dass die Frau mich nicht angelogen hat. Da bin ich sogar
00:11:02: ziemlich sicher, was da passiert ist. Ob da vielleicht auch ein bisschen Einbildungskraft dabei war,
00:11:07: das kann ich im Einzelnen nicht beurteilen. Ich glaube nicht, dass die Frau mich angelogen hat.
00:11:11: Ich sage aber nicht, dass ein Gespenst rumgelaufen ist. Also das tue ich nicht. Ich sammel einfach nur
00:11:17: die Geschichten, die ein Stück weit unerklärlich sind und die Psychologie lehrt uns ja auch, dass
00:11:21: der menschliche Wahrnehmungskraft auch manchmal uns Dinge zeigen oder hören lässt, die nicht
00:11:27: existieren. Aber die Menschen empfinden es so und das ist dann sozusagen das Unheimliche,
00:11:32: das Geheimnisvolle. Ursula Eben hat es bei ihren Stadtführungen in Lindau oft mit harten historischen
00:11:38: Fakten zu tun, wobei bei ihren Schilderungen die Vorstellungskraft ebenfalls eine große Rolle
00:11:42: spielt. Zum Beispiel, wenn es um die Aufgaben des Henkers von Lindau geht.
00:11:47: Ich bin ja eigentlich in Angst, Tase. Als ich anfing über den Henker zu lesen,
00:11:52: dann dachte ich, ich muss mich nur mit Hinrichtungen auseinandersetzen,
00:11:56: war dann aber so fasziniert von der Fülle seines Berufsbildes.
00:12:00: Er war Basemeisterabdecker, er musste also die veränderten Tiere abholen.
00:12:05: Er war Hundeschläger, man sagte auch den Hundeflöhnen nach Schuldüberträger der Pest zu sein.
00:12:11: Er musste die städtischen Kloaken säubern, da gibt es ganz tolle Geschichten,
00:12:16: die öffentlichen Prangerstrafen ausführen, Folterungen durchführen.
00:12:20: Und in manchen Städten hatte er Aufsicht über die städtischen Horenhäuser.
00:12:25: Also ein vielfältiges Aufgaben.
00:12:27: Ja, bereit gefächert, ja.
00:12:29: Auch in Lindau war die Angst vor dem Tod allgegenwärtig.
00:12:32: Oder speziell die Angst davor lebendig begraben zu werden, von der Ulrich Büttner schon gesprochen hat.
00:12:37: Also wir haben einen alten Pestfriedhof, den alten Eschercher Friedhof auf dem Festland.
00:12:42: Und eine große Sorge der Menschen früher war natürlich lebendig begraben zu werden.
00:12:48: Mit ganz findigen Unternehmer, also diese Angst nannte sich Taphophobie.
00:12:53: Ganz findige Unternehmer hatten dann Sicherheitssage erfunden.
00:12:57: Und wer extrem unter Taphophobie litt, das war Alfred Nobel.
00:13:01: Also in seinem letzten Zusatz, in seinem Testament schreibt er,
00:13:06: "Sein Wunsch ist es, dass nach seinem Tod seine Pulsadern aufgeschnitten werden
00:13:11: und kundige Ärzte dann seinen Tod bestätigen sollen und er dann verbrannt wird."
00:13:16: Also die Angst der Menschen vor dem lebendig begraben werden war riesig.
00:13:21: Und wir müssen natürlich alle sterben.
00:13:23: Das ist todsicher und vor Tod und Teufel hatte man Angst.
00:13:29: Vielleicht liegt es gerade an der Schwere solcher Themen,
00:13:31: aber Ursula Ippen hat einen unterhaltsamen Weg gefunden, über Tod und Teufel zu sprechen.
00:13:37: Und zwar mit Hilfe von Redewendungen, die heute noch in aller Munde sind.
00:13:41: Und weil die Menschen so riesig Angst hatten, also wenn man vom Teufel spricht, dann kommt er.
00:13:45: Sie fanden für den Teufel Umschreibungen, für den Tod,
00:13:49: er war der Sensemann, der Knochensammler, im Bayerischen, der Borndelkramer.
00:13:53: Man sagte auch nicht, dass jemand gestorben ist oder tot.
00:13:56: Auch das wurde umschrieben, ist dahingeschieben, zählich geworden, erblasst.
00:14:01: Hat den Löffel abgegeben oder ist abgekratzt.
00:14:04: Für arme Leute wurde keine Begräbnismusik gespielt, die wurden sang- und klanglos zu Grabe getragen.
00:14:09: Und wer es sich leisten konnte, für den wurde dann drübsal geblasen, die traurige Beerdigungsmusik.
00:14:15: Und bei allem immer der Tod.
00:14:17: Für jeden Berufsstand ein eigenes Ableben, wenn man so will.
00:14:20: Und was ich so spannend finde, man kann es fast transferieren, dass die Menschen so fantasievoll waren.
00:14:26: Sie können fast für jeden Beruf eine Umschreibung finden.
00:14:30: Der Gärtner beißt ins Gras, der Gemüsehändler sieht die Radieschen von unten wachsen,
00:14:35: der Anwalt steht vor dem jüngsten Gericht, der Pfarrer muss dran glauben,
00:14:39: die Putzfrau kehrt nie wieder, der Optiker schließt für immer die Augen.
00:14:44: Die Angst vor Tod und Teufel hatte am See damals also ihre Berechtigung.
00:14:48: Das Grauen war eben nie weit weg, ob man nun das Übernatürliche dafür verantwortlich machte oder nicht.
00:14:55: Auch Horst Dieter Rattke ist bei seinen Nachforschungen eine Geschichte in Erinnerung geblieben,
00:14:59: die gerade nicht so besonders mit dem Übernatürlichen zu tun hat, sondern im Gegenteil historisch verbürgt ist.
00:15:06: Der Hintergrund ist aber auch hier die Angst vor dem sicheren grausigen Tod.
00:15:10: Die Rede ist vom Brandt zu Bootmann im 14. Jahrhundert.
00:15:14: Ja, das ist eine meiner Lieblingsgeschichten, weil die einen sehr realen historischen Hintergrund hat.
00:15:20: Da geht es nämlich darum, dass im Jahr 1307 oder 60, das variiert manchmal in der Mittehaltung.
00:15:27: Ich glaube, 1307 ist inzwischen verbürgt.
00:15:30: Durch Blitzeinschlag die alte Burg bei Bootmann in Flammen aufgäng.
00:15:36: Es gab wohl auch keine Möglichkeit mehr für die Bewohner rauszukommen.
00:15:40: Und eine Markt hat den Jüngsten noch ein Kind im Kleinkindalter in ein Kessel gepolst hat
00:15:48: und nach der einen Version aus dem Fenster geworfen, nach der anderen heruntergelassen,
00:15:53: wie auch immer dieses Kleinkind oder Baby hat überlebt durch diesen Kesselwurf.
00:16:00: Der Kessel soll im Schlossbootmann noch zu sehen sein.
00:16:03: Ich habe ihn nicht gesehen, weil man das ja nicht besichtigen kann.
00:16:07: Aber an der Stelle, wo das der Kessel runtergeworfen oder runtergelassen wurde,
00:16:11: da gibt es einen Gedenkstein.
00:16:13: Wie gesagt, diese Sage ist verbürgt, dass man darum noch was erfunden hat,
00:16:17: dass angeblich ein Mist und Zauberkünstler zuvor in den Schloss gekommen ist.
00:16:22: Das sind Zutaten, die dann so in nach und nach entstanden sind,
00:16:26: die aber die historischen Ereignisse nicht verdecken.
00:16:29: Historische Ereignisse also mit übernatürlichen und fantastischen Zutaten.
00:16:34: Das klingt ein bisschen wie das, was man an Halloween eigentlich feiert.
00:16:37: Halloween kommt ursprünglich ja nicht aus den USA, sondern aus Europa.
00:16:41: Dass bei uns die Begeisterung fürs Gruselfest zunimmt,
00:16:43: liegt für Horst Dieter Ratke auch daran, dass es heute vor allem Spaß machen soll.
00:16:48: Na ja, das mit dem Gruseligen, unabhängig von Halloween,
00:16:51: das kann man ja über Jahrhunderte zurückverfolgen,
00:16:55: gespenster Geschichten, Gruselgeschichten, gab es ja schon.
00:16:58: Jenseits von Halloween, allerdings meine ich immer, die besten kommen nach wie vor aus Irland.
00:17:04: Und da kommt ja Halloween her.
00:17:07: Das ging dann nach Amerika und die hatten ja sowieso gerade damals in Spiritismus erfunden.
00:17:12: Erfunden ist viel gesagt, aber populär gemacht und das schwappte dann drüber nach Europa.
00:17:17: Aber so wie Halloween heute zeigert wird, ist das ja eigentlich mehr so eine Spaßgeschichte,
00:17:25: so eine Freude daran solche Dinge zu zeigen und nicht das gruselige generell hervorzuheben.
00:17:32: Sondern man glaubt nicht daran, aber es ist schön, mal so ein Geritter vor die Ausflüte zu hängen.
00:17:38: Ich find das nicht so schlimm.
00:17:42: Weil Sie gerade meinten, man nimmt das nicht so ernst, sondern freut sich daran, dass man eine Freude daran hat.
00:17:47: Ich muss ein bisschen an die Geisterbahnen denken oder sowas.
00:17:50: Ja, so ungefähr, so ein bisschen Grusel-Effekt ist da schon bis drin.
00:17:56: Aber man unterdrückt das auch dadurch ein bisschen, indem man das so in das spielerische bringt.
00:18:03: Auch Ulrich Bütner hat ja den Eindruck, dass die Lust am gepflegten Grusel eher zunimmt.
00:18:07: Sie passt halt auch ganz wunderbar zum mystischen Jahreszeit am Bodensee.
00:18:12: Also den Andruck hab ich definitiv.
00:18:14: Ich mein, sagen wir mal so, als ich da vor einigen Jahren mit angefangen hab, war das Interesse schon sehr hoch.
00:18:18: Es ist auf einem hohen Niveau, es ist aber noch weiter gestiegen.
00:18:21: Ich glaube, so ein gepflegtes Grusel ist für die meisten Menschen auch eine wunderschöne Möglichkeit,
00:18:26: auch mal ein bisschen aus dem nervigen oder tristen Alltag zu entfliehen.
00:18:31: Das Hellobinfest, das ja auch sehr bunt ist.
00:18:34: Das ist schon spätherbst, die kalte Jahreszeit, die dunkeljahreszeit hat begonnen.
00:18:39: Und dann diese vielen orangenen, leuchtenden Kürbisse.
00:18:42: Das ist ja auch etwas ästhetisch sehr ansprechendes.
00:18:45: Und was auch immer mitschwingt, ist die Angstlust.
00:18:48: Viele Leute wollen ein bisschen Angst empfinden, aber eine Angst, wo ihnen ja nichts passieren kann.
00:18:53: Es ist ja alles ganz harmlos, es ist bisher alle auch wieder lebend rausgekommen aus der Führung.
00:18:58: Also da passiert ja nichts Schlimmes.
00:19:00: Aber ja, ich glaube, dass Horrorgeschichten uns auch helfen können, Ängste abzubauen, diese zu kontrollieren
00:19:07: und vielleicht auch im Mittel den Alltag dadurch neuer zu ordnen.
00:19:10: Mir geht es so und vielen anderen auch, dass so eine vorübergehende Flucht in das Unheimliche
00:19:15: durchaus auch etwas ist, was uns im Alltag bereichern kann.
00:19:18: Also, Hellobin ist im Kommen, bin ich mir ziemlich sicher.
00:19:22: Bleibt noch die Frage, wie halten Sie es eigentlich selbst mit Hellobin?
00:19:26: Ursula Ippen muss da an einen Kindergeburtstag denken, den sie ihren Töchtern zuliebe einmal ausgerichtet hatte.
00:19:32: Mitten im Hochsommer war er das mit dem Gruseltrubel allerdings...
00:19:36: Mega peinlich, unsere Kinder sind natürlich jetzt erwachsen, wir haben zwei Töchter
00:19:41: und es war dann gerade so Halloween am Kommen und eine Tochter hatte mal August Geburtstag
00:19:46: und ich fand es richtig toll, dass wir im August ein Halloween festmachen.
00:19:50: Das war vor vielen, vielen Jahren.
00:19:52: Und wenn ich es heute zurückdenke, peinlich.
00:19:56: Auch Horsti, der Rat gedenkt bei Halloween, vor allem an die Kinder,
00:20:01: wenngleich er und seine Frau sich kein Skelett vor die Tür hängen werden.
00:20:05: Ich nehme das, war so als Zeichen, jetzt haben wir Herbst, jetzt kommen solche Dinge.
00:20:09: Die Kinder haben Spaß daran, das mit Süßes und Sauerstes ist ja so ein bisschen integriert.
00:20:13: Da gab es ja schon eine Tradition, in Norddeutschen mit dem Rummelpot und mit anderen Sachen,
00:20:20: wo Kinder rumgezogen sind.
00:20:22: Und wie das so, ich finde das irgendwie eher liebenswert.
00:20:26: Ein Abend wie jeder andere mit der Ausnahme, dass ich dann schon warte, wenn es klingelt.
00:20:32: Wir haben Kürbis, dann machen wir lieber eine Suppe raus oder was anderes.
00:20:36: Und wir hängen uns auch keine Skelette vor die Tür, also das so weit geht es gerade nicht.
00:20:41: Aber wenn so etwas auf uns zukommt, dann nehmen wir das eher mit Mlöcheln an
00:20:45: und keinesfalls ärgern wir uns zu Böller.
00:20:48: Ulrich Büttner dagegen hatte an Halloween einmal eine sehr aktive Rolle,
00:20:52: auch wenn das nicht beabsichtigt war.
00:20:55: Eigentlich eine sehr lustige Geschichte für die Betroffenen war das eher sehr erschreckend.
00:20:59: Mir erst einen Augenblick, es ist jetzt schon 15 Jahre her, da war ich mit Freunden
00:21:03: im Rahmen des Halloweenfestes in Konstanz auch spät am Abend auf dem Friedhof von Konstanz.
00:21:09: Also wir machen da keinen Quatsch, also man verhält sich da respektvoll.
00:21:12: Die Friedhöfe an Halloween sind in Deutschland eigentlich wunderschön,
00:21:15: weil da haben viele Menschen schon Kerzen aufgestellt und am nächsten Tag ja alle Heiligen ist.
00:21:19: Es ist eine wunderschöne Stimmung, der Hauptfriedhof von Konstanz ist so, ist auch sehr, sehr schön.
00:21:24: Auf jeden Fall war ich damit Freunden, wir haben dann Spaziergang gemacht,
00:21:27: ich besuchte dann auch immer das Grab von meinem Vater und so weiter.
00:21:30: Auf jeden Fall hatte ich dann ein Rucksack dabei, den hatte ich dann an einem Baum gelegt
00:21:35: und die haben wir zum Bittel unterhalten und dann laufen wir zurück zum Parkplatz zu den Autos
00:21:39: und dann stelle ich auf einmal fest, oh Gott, mein Rucksack ist ja noch auf dem Friedhof.
00:21:44: Gut, habe ich zu meinen Freunden gesagt, wartet mal kurz, ich hol mal mein Rucksack.
00:21:47: Bin also wieder hochgelaufen, der Rucksack war ziemlich am anderen Ende vom Parkplatz,
00:21:51: also vom Friedhof vom Parkplatz aus gesehen
00:21:54: und ich habe dann mein Rucksack auch wiedergefunden, da war nichts Unheimliches.
00:21:58: Dann habe ich aber nur gesehen, wie vom nördlichen Eingangstor des Friedhofs
00:22:02: drei junge Mädchen den Friedhof betreten haben.
00:22:06: Ich schätze so 16, 17, die wollten da, glaube ich, so eine Mutprobe wagen,
00:22:10: jetzt gehen sie dazu dritt auf den Friedhof.
00:22:12: Dann habe ich gedacht, ich kleide mich auch privat sehr, sehr gerne in den Schwarzen,
00:22:15: das will ich die Mädels doch nicht erschrecken, habe den Rucksack genommen
00:22:18: und habe mich sozusagen in den Schatten des Baumes gedrückt
00:22:20: und habe gedacht, nein, die sollen einfach an mir vorbeilaufen und da passiert schon nichts.
00:22:24: Ich will die nicht erschrecken, die sollen mich gar nicht sehen.
00:22:27: Ja, aber es kam wie es kommen musste, als sie dann wirklich auf der Höhe
00:22:30: von den Baumbahnen, in dessen Schatten ich stand,
00:22:33: schaut eine von den Mädels zu mir rüber und kriegt einen riesen Schreikampf
00:22:36: und sagt, da steht jemand und die sind losgerannt.
00:22:40: Also ich glaube, der Sportlehrer wäre wirklich happy gewesen bei der Leistung.
00:22:44: Also rennend laufen sie den ganzen Hauptweg entlang bis zum Parkplatz.
00:22:48: Ich habe gedacht, ich bleibe jetzt stehen, ich will auch den Mädels nix.
00:22:51: Und als ich den dann nicht mal gesehen habe, bin ich ganz langsam wieder zurückgelaufen zum Parkplatz
00:22:55: und meine Freunde haben nur gemeinsam, also machst du die drei schreienden Mädels da gesehen?
00:22:59: Haben sie nur gesagt, ja, ich war wohl die Ursache.
00:23:01: Also vielleicht hören die das ja jetzt, dann wissen sie, also ganz harmlos,
00:23:05: die denken wahrscheinlich, es ist nicht in den Sätzen, man begegnet oder sonst im Hellobing-Gespäns.
00:23:09: Ne, das war nur ich und ich wollte sie wirklich nicht erschrecken.
00:23:15: Ja und das war der Bodensee Podcast, der Podcast von Echt Bodensee.
00:23:19: Diesmal Mitteil 1 unseres Halloween-Specials.
00:23:22: Meine ganz und gar nicht gruseligen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner waren
00:23:26: Ursula Ippen, redigewandte Stadtführerin aus Lindau, Ulrich Bütner, historiker,
00:23:31: Gymnasialehrer, Autor und Grusel-Stadtführer aus Konstanz
00:23:34: und Horst Diederratke, freier Autorschriftsteller und Lektor, der uns aus dem Taubertal zugeschaltet war.
00:23:40: Mein Name ist Peter Meisterhans, ich sage danke fürs Zuhören
00:23:43: und verpasst auf keinen Fall Teil 2 unseres Halloween-Specials,
00:23:46: wo wir kurz vor dem 31. Oktober die besten Gruseltipps rund um Halloween am Bodensee
00:23:51: und für die ganze Familie für euch zusammengestellt haben.
00:23:55: Boah!
00:23:57: *lacht*
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