Wie im frühen Mittelalter: Was den Campus Galli einzigartig macht
Transkript anzeigen
00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zum Bodensee Podcast, der Podcast von echtbodensee.
00:00:10: Wir sind heute zu Gast in Messkirch beim Campus Gali und mein Gesprächspartner ist der Geschäftsführer
00:00:16: des Campus Gali, Dr.
00:00:17: Hannes Napiralla.
00:00:18: Hallo.
00:00:19: Hallo.
00:00:20: Ich wollte gerade sagen herzlich willkommen.
00:00:22: Das trifft es eigentlich nicht ganz, denn Sie haben mich ja willkommen geheißen.
00:00:25: Wir sind nämlich heute zu Gast bei Ihnen in Messkirch.
00:00:28: Wir sind aber nicht auf dem Campus-Gelände, da kommen wir gleich noch dazu, sondern wir
00:00:31: sind im Büro oder wie?
00:00:33: Genau, in den Verwaltungsräumen in der Altstadt in Messkirch.
00:00:36: Wir haben uns im Vorfeld schon ein bisschen ausgetauscht.
00:00:39: Was hat sie zum Campus Gali geführt?
00:00:41: Was hat sie mittlerweile seit zehn Jahren Geschäftsführer?
00:00:44: Ja, ich habe 2014 im August hier angefangen.
00:00:48: Ich bin also jetzt dann im August seit zehn Jahren dabei und habe davor als Archäologin
00:00:54: gearbeitet, habe also Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie studiert, ist ein Spezialbereich,
00:00:59: der sich dann insbesondere auch mit Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit beschäftigt.
00:01:04: Mittelalter war gar nicht so sehr mein Fokus.
00:01:07: Ich komme eigentlich eher so ein bisschen über die Faszination für Handwerk auch zum Campus
00:01:13: und Faszination für Geschichte ganz allgemein.
00:01:15: Also das hat mich schon seit Kindesbeinen irgendwie immer fasziniert, was unsere Vorfahren
00:01:21: getan haben, wo wir herkommen letztlich und was die Menschen in ihrem Alltag gemacht
00:01:26: haben.
00:01:27: Ja, das bringt uns direkt zum Thema, was ich zum Einstieg noch so ein bisschen unterschlagen
00:01:30: habe, nämlich was der Campus Gali für ein besonderes und wie ich finde einzigartiges
00:01:35: Projekt ist für die Hörerinnen und Hörer, denen das jetzt noch gar nichts sagen sollte,
00:01:41: in ihren Worten, was ist der Campus Gali?
00:01:43: Ja, Sie haben selber gesagt, die Einzigartigkeit, die macht es ein bisschen schwer, das auch
00:01:48: wirklich mit einfachen Worten zu umschreiben.
00:01:51: Also natürlich müssen wir das irgendwie und wir vermarkten, wenn man das so sagen kann,
00:01:56: oder wir stellen es nach außen da, als Mittelalter-Bauschstelle.
00:01:59: Wir bauen also ein frühmittelalterliches Kloster mit Handwerkstechnik und Materialien, die
00:02:05: man im Frühmittelalter zur Verfügung gehabt hätte.
00:02:08: Aber die Tatsache, dass Sie selber ja auch sagen, dass es einzigartig ist, zeigt, dass
00:02:15: das natürlich lange nicht umreißt.
00:02:17: Es ist in irgendeiner Form ein Freilichtmuseum, aber auch dieser Begriff trifft es nicht so
00:02:21: richtig.
00:02:22: Bei uns wird jeden Tag gearbeitet von Handwerkern, die im Mittelalterliches Handwerk betreiben.
00:02:30: Uns unterscheidet von einem normalen Museum, dass das eben dann keine Schauspieler oder
00:02:34: Darsteller sind, sondern dass jemand, der 200 Tage im Jahr Schändel macht, tatsächlich
00:02:39: ein Schändelmacher ist.
00:02:40: Und das betrifft natürlich alle anderen genauso.
00:02:44: Es ist auch nicht nur eine Baustelle, weil wir auch eine Landwirtschaft haben, weil wir
00:02:49: Weben und Töpfern und solche Dinge, die nicht jetzt im Kern, man vielleicht eine Baustelle
00:02:55: verbindet.
00:02:56: Und insofern ist bei uns eigentlich so das ganze Leben, sage ich mal, das Mittelalter,
00:03:03: so spielt es ein bisschen in der Rolle.
00:03:04: Wir versuchen, ein Lebensbild zu schaffen und die Mitarbeiter leben das im Prinzip als
00:03:09: Handwerker dann auch ein Stück weit selbst.
00:03:11: Ich konnte den Campus Galli im vergangenen Jahr selbst besuchen und ich konnte das gut
00:03:15: nachvollziehen, dass sie jetzt gerade so ein bisschen drum gerungen haben.
00:03:18: Wie beschreibt man das eigentlich richtig?
00:03:19: Weil sie sagt, ein Freilichtmuseum ist auch der Sache nicht gerecht.
00:03:23: Sie haben ein ganz eigenes Konzept.
00:03:25: Ja, also es geht nicht darum, mit Leuten irgendwo gezwungenermaßen Geschichtsinfos aufzudrücken
00:03:32: und Tafeln hinzustellen und Vitrinen und Dinge zu erklären, sondern es geht darum,
00:03:38: auch im Gespräch mit den Handwerkern zum Beispiel das eine oder andere zu erfahren.
00:03:41: Also man kann als Besucher sich letztlich den Besuch auch selbst gestalten.
00:03:46: Man kann drei Stunden, vier Stunden, fünf Stunden sich auch dem Gelände aufhalten und
00:03:51: kann auch fünf Mal im Jahr kommen und jedes Mal einen anderen Besucher erleben, weil
00:03:56: der Besuchsablauf im Prinzip nicht vorgegeben ist.
00:04:00: Und ja, dadurch, dass man uns einfach nicht so richtig mit Worten greifen kann, muss
00:04:05: man glaube ich einfach vorbeikommen.
00:04:06: Man muss sich mal anschauen.
00:04:07: Also wir haben noch selten Besucher gehabt, die irgendwo unzufrieden gegangen sind und
00:04:12: gesagt haben, das verstehe ich gar nicht, was sie dann machen.
00:04:15: Also irgendwo fasziniert, glaube ich, alle das, was wir da machen, was wir bauen, wie
00:04:21: wir arbeiten, mit was wir einfach ermitteln.
00:04:23: Wir doch wunderschöne Dinge erschaffen können, wie auch Arbeit man einfach sein kann.
00:04:28: Ich höre immer wieder so die Worte, dass die Art und Weise, wie wir arbeiten eigentlich
00:04:34: viel echter ist oder realer, obwohl wir eigentlich so ein bisschen auch eine Kunstwelt schaffen,
00:04:40: wenn man so möchte, aber dadurch, dass eben Menschen miteinander arbeiten, Augen in Augen
00:04:44: sozusagen, hand in hand und nicht irgendwo mit digitalen Medien miteinander kommunizieren
00:04:49: und man auch sieht, was man geschafft hat am Ende des Tages und der, der eine auch das
00:04:56: produziert, was der andere braucht und dessen Abfall vielleicht wieder für den nächsten
00:04:59: irgendwo noch ein Rohstoff ist und so weiter.
00:05:02: Also das sind einfach viele, viele faszinierende Respekte und ich glaube, man muss wirklich
00:05:06: einfach kommen und das mal gesehen haben.
00:05:08: Das kann ich nur unterstreichen an der Stelle.
00:05:11: Ich habe mich im Vorfeld auch informiert gehabt über den Campus Galle.
00:05:15: Ich hatte aber nicht wirklich eine Vorstellung, was mich da tatsächlich erwartet.
00:05:20: Sie haben ein paar interessante Punkte, fast beiläufig angesprochen, weil die für Sie
00:05:24: so selbstverständlich sind.
00:05:26: Das Erste, was ich mir gedacht habe, Sie sagten, wenn jemand 200 Tage im Jahr schindeln macht,
00:05:31: das ist ja vor Ort wirklich so.
00:05:33: Die Menschen sind in größtenteils in den Gewändern aus der Zeit, also aus dem frühen Mittelalter,
00:05:38: da kommen wir dann noch dazu und arbeiten mit den Materialien, mit den Werkzeugen und
00:05:44: arbeiten wirklich auf der Baustelle.
00:05:46: Das sind keine Schauspieler, keine Darsteller.
00:05:48: Da ist nicht an ausgewählten Tagen im Jahr Programm, sondern das ist gelebter Alltag.
00:05:53: Ja, letztlich sind wir jeden Tag am Arbeiten, egal ob schlechtes Wetter ist, wobei schlechtes
00:05:59: Wetter ja auch schon wieder so ein Anführungszeichen gesetzt werden kann.
00:06:03: Irgendwas kann man immer arbeiten.
00:06:04: Am einen Tag sind das eben Sachen, die man vielleicht eher unterdrach macht, wenn es
00:06:09: regnet.
00:06:10: Am nächsten Tag ist es vielleicht heiß, man kann es dann vielleicht der ideale Zeitpunkt
00:06:14: um Heu zu machen.
00:06:15: Also auf diesen Moment warten wir jetzt dieses Jahr zum Beispiel noch, normalerweise würden
00:06:19: wir jetzt schon irgendwo so in die Heuern zu gehen, aber das Wetter ist ja noch ziemlich
00:06:23: instabil, das heißt wir sind noch so ein bisschen von den Jahreszeiten abhängig.
00:06:26: Und ja, ganz insgesamt ist das einfach ein relativ großes Gelände.
00:06:31: Es sind fast 25 Hektar, im Prinzip von denen jetzt nicht alles begehbar ist für Besucher,
00:06:36: aber dann doch nach wie vor ein großer Anteil davon.
00:06:39: Teile von des Waldens, von des Weidelands, von des Eckergärten.
00:06:45: Auf diesem Gesamtgelände sind dann eben Werkstätten verteilt, Gebäude, Plätze, Wege,
00:06:51: eine kleine Gastronomie.
00:06:53: Also und überall dort wird irgendwo gearbeitet, je nachdem wo es dann eben am jeweiligen
00:06:58: Tag nötig ist.
00:06:59: Das heißt, das kann dann eine Besucher kommt, einem Tag wo gerade viel um die Töpferei
00:07:05: herumloses, weil vielleicht Keramik gebrannt werden muss, da braucht es Helfer, die Brennholze
00:07:10: herbeischaffen, die danach schauen, dass das Feuer direkt die Temperatur hat.
00:07:14: Und am nächsten Tag kann es sein, dass irgendwie das Schwerpunkt der Arbeit vielleicht am
00:07:20: Ende Gebäude ist, weil das Dach gedeckt wird und es braucht Leute, die einfach die Schindel
00:07:24: mit hinaufreichen, übers Gerüst und andere, die da sitzen und die Holznägel zuschnitzen,
00:07:30: damit die gut eingepasst werden können in die Schindeln.
00:07:32: Also es verändert sich so ein bisschen von Tag zu Tag und das macht es eigentlich auch
00:07:36: spannend.
00:07:37: Was war der Anlass oder der Auslöser so dieses Projekt so aufzuziehen, dass sie versuchen
00:07:44: zu reproduzieren?
00:07:45: Ja, ein Stück weit versuchen wir das, wobei wir aus diesem frühen Mittelalter so ein
00:07:50: spezielles ist, dass sie das 9.
00:07:51: Jahrhundert, dass wir hier versuchen, so ein bisschen darzustellen oder nachzuhmpfen, dass
00:07:57: wir aus dieser Zeit verglichen mit anderen Zeiten relativ wenig wissen.
00:08:01: Und weil wir wenig wissen, muss man im Prinzip versuchen, alle Infos und alle Methoden auch
00:08:09: irgendwo anzuwenden, um vielleicht solche Lücken fließen zu können.
00:08:13: Und es müssen irgendwo alle Disziplin, dieses Interdisziplinäre, so irgendwo ihre Köpfe
00:08:17: zusammenstrecken.
00:08:18: Sehr häufig ist es so, dass gewisse Zeiten speziell von einer Fachdisziplin dominiert
00:08:27: werden.
00:08:28: Die Archäologen machen vielleicht das eine, weil es da vor allem Bodenfunde gibt und aus
00:08:33: anderen Zeiten gibt es vor allem textliche Quellen, dann stürzen da sich nur die Historiker
00:08:37: drauf.
00:08:38: Für das 9.
00:08:39: Jahrhundert müssen einfach alle zusammenarbeiten.
00:08:41: Und in dem Moment, wo wir dann noch so diesen Praxisbezug schaffen, da kommen noch mal ganz
00:08:47: neue Aspekte rein.
00:08:48: Wir stellen ganz neue Fragen und plötzlich müssen auch Ingenieure mitdenken, weil man
00:08:53: sich überlegen muss, wie man denn eigentlich gebaut hat.
00:08:56: Wie kriegen wir denn ein Stück Holz aufs Dach?
00:08:58: Gibt es da schon Flaschenzüge?
00:09:00: Gibt es da schon Kräne?
00:09:01: Wenn ja, wie sehen die aus?
00:09:02: Was für Material brauchst du da dafür?
00:09:04: Wie viele Leute können so ein Ding bedienen?
00:09:06: Was kann der Kran überhaupt?
00:09:07: Bis zu welcher Höhe kann ich das Ding hochziehen?
00:09:09: Aus was ist das Seil?
00:09:11: Hat das Ding irgendwelche Übersetzungen?
00:09:14: Bis zu welchen Gewicht kann ich Dinge hochziehen?
00:09:16: Ja, und dann baut man so ein Ding, dann merkt man auch welches Werkzeug man für die Herstellung
00:09:21: braucht.
00:09:22: Man merkt, was auch dabei schiefgehen kann.
00:09:24: Man sieht auch, wie der Abfall aussieht, einer Herstellung eines Werkzeugs.
00:09:27: Weil als Archäologen finden wir ja zum Beispiel in der Regel Sachen, die nicht mehr gebraucht
00:09:32: wurden.
00:09:33: Wir finden ja nicht das, was man haben wollte.
00:09:35: Man macht nicht irgendwas schön und macht es fertig und verkriegt es dann im Boden und
00:09:38: hofft, dass es in 500 Jahren noch empfindet.
00:09:40: Sondern es landet irgendwo was im Boden, weil man es entweder nicht mehr braucht oder weil
00:09:47: man es versteckt hat, das gibt es natürlich auch, oder weil man es als Grabbeigabe vielleicht
00:09:50: irgendwo reingetan hat.
00:09:51: Grabbeigagen haben wir im 9. Jahrhundert aber nicht mehr, weil das im Christentum verboten
00:09:55: ist.
00:09:56: Verstecken kann man vor allem kleine Sachen.
00:09:58: Also eine große Säge mit einem Interffünfzig-Sägeblatt, die verstecke ich eben nicht mal so
00:10:03: schnell.
00:10:04: Deswegen haben wir aus dem 9. Jahrhundert keine großen Sägen.
00:10:07: Wir stellen aber fest, durch unsere Arbeit, dass es die gegeben haben muss, weil man diese
00:10:13: Dinge, die man hergestellt hat, gar nicht ohne eine große Säge herstellen kann.
00:10:16: Das fängt schon mit Schindeln an.
00:10:17: Ich kann einen Baum mit 50 Zentimeter Durchmesser, nicht mit einer kleinen Handsäge durchsägen,
00:10:23: da brauche ich eine große Säge, damit das irgendwo effektiv funktioniert.
00:10:26: Und das sind so ein bisschen die spannenden Erkenntnisse, die wir jetzt aus der Praxis
00:10:30: noch liefern können.
00:10:31: Das heißt, die praktische Arbeit, die sie vor Ort leisten, liefert wichtige wissenschaftliche
00:10:37: Erkenntnisse, wo vorher große Lücken da waren.
00:10:40: Ja, zum Teil liefert es Erkenntnisse, aber ich finde, dass es vor allem Fragen stellt.
00:10:45: Und das ist eigentlich der erste Schritt immer v.a.
00:10:48: Weil wir sind natürlich als Team, jetzt nicht ein Team von Geschichtswissenschaftlern, irgendeiner
00:10:55: Art.
00:10:56: Wir sind ein paar wenige Archäologen oder Historiker im Projekt.
00:10:59: Und wie ich schon vorhin gesagt habe, bin ich selber kein Mittelartekarkeloge.
00:11:03: Und unsere Handwerker, die kennen natürlich auch den wissenschaftlichen Hintergrund und
00:11:08: sieht nicht oder wissen nicht, wie man jetzt wissenschaftlich arbeitet.
00:11:11: Aber wir können Fragen stellen an die Fachleute in der Hoffnung, dass es einfach die Diskussion
00:11:17: anregt, dass es Leute zum Forschen anregt und dass wir dann daraus wieder ein weiteres
00:11:24: Mosaiksteinchen gewinnen können, um dieses Lebensbild vom Frühmittelalter zu vollständigen.
00:11:28: Was eine große Kraftanstrengung bedeutet, Sie haben von Ingenieuren, von Handwerkern,
00:11:34: von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gesprochen.
00:11:36: Wer sind die Menschen, die dieses Projekt mit Leben erfüllen?
00:11:40: Wie?
00:11:41: Wir haben über Ihren Weg eingangs kurz gesprochen zum Campus Gali.
00:11:44: Ja, wir haben uns schon mehrfach gefragt, was uns da eigentlich verbindet, weil wir doch
00:11:48: sehr, sehr unterschiedliche Menschen sind.
00:11:50: Da sind also Leute, die einen Handwerksberuf gelernt haben wie Zimmerer oder Steinmetz
00:11:56: oder Schreiner, was ein Handwerk ist, das wir direkt auf der Baustelle brauchen können.
00:12:01: Die machen im Prinzip, die üben eigentlich ihren gelernten Beruf aus auf der Baustelle.
00:12:06: Das ist sozusagen der einfachste Grad, die nichts die Weg.
00:12:09: Es gibt aber auch natürlich Gewerke, die heutzutage nicht mehr gelernt werden.
00:12:15: Also gerade Schindelmacher, z.B. Töpfer, Kornmacher, das sind keine Ausbildungsberufe
00:12:19: mehr oder nur noch in ganz, ganz geringen Maße.
00:12:21: Ich muss aber trotzdem jemand machen.
00:12:23: Es sind dann zum Teil Leute, die das als Hobby mal begonnen haben und auf ein gutes Niveau
00:12:27: gebracht haben und sich jetzt einfach im Alltag noch mehr angeeignet haben.
00:12:32: Es sind auch Leute, die zwischen uns so Töpfer als Archäologe, so wie ich selber auch Interesse
00:12:38: daran entwickelt haben, wie denn eigentlich die Dinge entstanden sind, die wir da permanent
00:12:42: ausgraben und mit denen wir irgendwie forschen.
00:12:45: Es gibt auch ein paar, die arbeitslos waren, die über eine arbeitslose Initiative zu uns
00:12:49: kamen und zunächst einmal einfach eine Beschäftigung gebraucht haben, die gemerkt haben, dass
00:12:55: sie ihren wertvollen Beitrag leisten können und wir froh waren sie zu haben und die jetzt
00:12:58: fest angestellt sind.
00:12:59: Es gibt Leute, die mal ehrenamtlich mitgearbeitet haben, um mal aus ihrem Alltag auszubrechen,
00:13:04: die jetzt auch irgendwo so ein bisschen Freude daran gefunden haben, wieder mit den Händen
00:13:08: zu arbeiten.
00:13:09: Also es gibt unfassbar viele Wege zu uns.
00:13:12: Was uns verbindet, das kann man gar nicht so richtig greifen, aber irgendwie spüren wir
00:13:16: das immer wieder, dass wir so alle die gleiche Freude beim Arbeiten und an der Arbeit empfinden.
00:13:21: Das, weil man ja durchaus auch so ein bisschen auf so manche Dinge dann verzichten muss.
00:13:26: Also es fängt damit an, dass wir natürlich auch samstags und sonntags und feiertags arbeiten,
00:13:32: damit andere Leute, die einen normalen Berufsalltag haben, dann uns auch besuchen können.
00:13:36: Man verzichtet also ein Stück weit auf diese Art von Freizeit und besonders gut verdient
00:13:43: und das tut man bei uns auch nicht.
00:13:44: Aber das ist alles Verzicht, den wir gerne eingehen, dafür, dass wir einen schönen
00:13:50: Arbeitsalltag haben.
00:13:51: Das klingt nach sehr viel Leidenschaft, Überzeugung.
00:13:54: Ja, das brauchen wir.
00:14:09: Leidenschaft und Freude, von der Handelsnappiralla spricht, die kann man beim Besuch auf der
00:14:13: Baustelle unmittelbar erleben.
00:14:15: Es wird gehämmert, gesegt und nun ja eben gebaut und das, wie gesagt, in Historischen
00:14:24: gewendern und mit den Methoden von damals.
00:14:26: Mit den Menschen vor Ort kommt man schnell ins Gespräch.
00:14:31: Das gehört zum Konzept des Campus Galli, was den Besuch zum persönlichen Erlebnis mit
00:14:36: vielen freundlichen Begegnungen macht.
00:14:38: Ich heiß Malte und arbeite als Schreiner und gerade bei euch eine Leiter für den Hühnerstall.
00:14:43: Der steht schon, ist aber noch nicht ganz fertig und der steht neben der Scheune, dieses
00:14:47: turmartige Gebilde mit dem Strohdach.
00:14:49: Ich bin Finja und ich bin hier Schindelmacherin.
00:14:53: Ich mache die Dachschindeln für die ganzen Dächer auf dem Gelände.
00:14:56: Also ich weiß zu den meisten Fragen die Antworten, aber ich lerne trotzdem durch Besucher auch
00:15:02: immer wieder irgendwas Neues, weil man halt wie gesagt viele Leute kennenlernt.
00:15:06: Dadurch, dass ich viel erklär, wiederhole ich ja alles und habe das deswegen auch immer
00:15:10: so für Innerlicht.
00:15:12: Wir haben uns zum Schluss noch ein bisschen ans Feuer gesetzt, wo natürlich niemals über
00:15:21: den Chef gelästert wird.
00:15:22: Jetzt kurz nicht über den...
00:15:25: Nicht Lästern.
00:15:26: Nicht über den Hannes Lästern.
00:15:27: Und ein paar vier Beinangesellschaft geleistet.
00:15:35: Die Schweine fühlen sich hier pudelwohl und lassen es eher langsam angehen.
00:15:39: Was wir eben gehört haben, das war das zufriedene Schmatzen der Schweine im Schlammen.
00:15:49: Trotzdem ist der Sound einer mittelalterlichen Baustelle.
00:15:52: Das Hemmern, Klopfen und Segen also immer zu hören.
00:15:56: Überall wird geschafft, dass die Arbeit nicht einfach ist, das verschweigt hier auch niemand.
00:16:00: Aber man versteht, warum Hannes Napiralla nicht von Müsal spricht, wenn er die Arbeit
00:16:12: auf dem Campus Galli beschreibt.
00:16:13: Müsal ist ja auch immer so ein bisschen die Frage der Perspektive.
00:16:19: Das heißt, wenn man was gerne macht, dann empfindet man manchmal gar nicht so sehr als
00:16:23: anstrengend, wie jemand, der irgendwie gezwungen wird, das zu tun.
00:16:26: Darüber hinaus ist so, dass man wieder kreativ sein darf.
00:16:32: Dass man etwas schön machen darf.
00:16:35: Das ständig heißt so, bis immer noch nicht fertig, Akkordarbeiten.
00:16:38: So zack, zack, heute müssen aber pro Stunde 200 Schindeln gemacht werden.
00:16:43: Ne, wir machen nicht Schindeln so, dass sie gut sind, dass sie nachher auch gut auf dem
00:16:45: Dach sind, dass sie dicht sind.
00:16:47: Und diese Frage von Besuchern, die oft kommt so, wann ist das fertig oder wann ist das
00:16:52: fertig?
00:16:53: Da haben wir inzwischen echt so die Antwort drauf, dass es halt dann fertig ist, wenn
00:16:57: es gut ist.
00:16:58: Einfach in dem Moment, wo man das Gefühl hat, so das kann ich jetzt guten Gewissens irgendwie
00:17:02: an den nächsten weitergeben, damit der damit weiterholt.
00:17:04: Das ist schon was sehr Erfüllendes auch, so dieses Gefühl selber mitgestalten zu dürfen.
00:17:11: Und was man bei uns auch wieder lernt, ist, dass jeder irgendwo so einen Beitrag leisten
00:17:18: kann.
00:17:19: Es gibt ja wirklich ganz viele Ehrenamtliche, die jetzt vorher vielleicht nicht viel mit
00:17:24: Handwerk zu tun hatten.
00:17:25: Und egal, wie alt jemand ist oder ob er irgendwelche sonstigen körperlichen Gebrechen hat,
00:17:32: oder so, irgendwie finden wir für jeden immer eine sinnvolle Tätigkeit, um einen sinnvollen
00:17:36: Beitrag zu leisten.
00:17:37: Und das ist was, was unsere Gesellschaft ja an sich so ein bisschen verlernt hat.
00:17:41: So, dass da werden die Leute so ein bisschen nach Wertigkeiten eingestuft, so von wegen
00:17:45: der Erkrankung her, das ist der Harz-Vierler, das ist der, das ist der Ingenieur, das ist
00:17:49: der Akademiker.
00:17:50: Und das ist ja eigentlich nicht gut für eine Gesellschaft.
00:17:53: Jeder leistet das, was er kann im Rahmen seiner Möglichkeiten.
00:17:57: Und das ist was, was bei uns hervorragend funktioniert.
00:18:00: Also wir haben wirklich lange Jahre hervorragend mit Langzeitarbeitslosen zusammengearbeitet.
00:18:05: Das war eine Freude, weil man auch gesehen hat, dass die Freude empfinden, wieder was beitragen
00:18:10: zu können.
00:18:11: Und das hat ihnen die Gesellschaft so ein bisschen genommen gehabt.
00:18:13: Und das sind Aspekte, die so weit über das geschichtliche hinausgehen, die ich selber
00:18:18: nicht habe kommen sehen.
00:18:19: Also das sind Dinge, ich meine ich habe hier angefangen, weil ich mich für Handwerke interessiert
00:18:23: habe und für Geschichte.
00:18:24: Und jetzt kommen Aspekte dazu, dass man so auch ein bisschen das über die moderne Welt
00:18:28: eigentlich lernt, indem man die Geschichte betrachtet.
00:18:30: Oder dass man auch was über die Landschaft erfährt und über die Fragen, warum sieht
00:18:38: man eine Vision heute so aus, wie sie aussieht.
00:18:44: Und über Landwirtschaft und über Materialien, über Abfall, also so diese moderne Begriffe
00:18:48: wie "No Waste Economy".
00:18:49: Das ist ja was, was man im Mittelalter gelebt hat aus der Not heraus.
00:18:53: Es gab keinen Abfall.
00:18:54: Man hat irgendwie noch das letzte Estchen, wenn man noch als Brennmaterial benutzen kann.
00:18:58: Und ich denke, wir können aus der Vergangenheit wahnsinnig viel lernen für die Gegenwart.
00:19:03: Und das, was mir jetzt zunehmend Freude bereitet, weil ich diesen Aspekt eigentlich gar nicht
00:19:07: wenn sie... Sie haben das Spezifizieren.
00:19:11: vorher schon angesprochen, dass sie sagen, wir sind nicht dann und dann fertig, sondern es ist dann
00:19:12: fertig, wenn es gut ist. Sie beziehen sich ja aber auf dem Plan. Der Campus Galli heißt nicht um
00:19:18: sonst Campus Galli, sondern sie orientieren sich, sagen, Gallic Closter Plan, wenn ich das richtig.
00:19:25: Genau, das habe ich jetzt eingangs total übergangen, weil das im Prinzip schon so sehr
00:19:31: verständlich ist, wenn man hier täglich damit zu tun hat. Aber das war im Prinzip der Ursprung
00:19:36: dieser ganzen Projektidee ist letztlich dieser St. Galler Closter Plan, also ein Stück Pergament,
00:19:42: so ja sogar mit der 10 auf 75 Meter, so ungefähr, also ein bisschen mehr wie Meter,
00:19:49: drei, vier Meter, relativ große Stück Pergament zusammengesetzt aus mehreren Einzelteilen,
00:19:55: auf dem vor 1200 Jahren mit roter und schwarzer Trusche ein Closter gezeichnet worden ist. Und
00:20:04: seit 1200 Jahren letztlich zerbrechen sich die Menschen so ein bisschen den Kopf darüber.
00:20:09: Man sieht dem Dokument selber schon an, dass nachträglich auch noch eine oder andere
00:20:14: Kommentar ergänzt wurde oder ein Wort ergänzt worden. Schon die Erstellung dieses Plans hat
00:20:20: immer wieder scheinbar zu Veränderungen geführt. Man hat Gebäude mal wieder wegradiert oder
00:20:24: rasiert eigentlich und wieder ergänzt. Und man hat sich bis aktuell immer noch in der Forschung
00:20:31: auch Gedanken darüber gemacht, was wie gemeint sein könnte. Und hat das zeitweise eben als
00:20:37: Bauplan oder als Idealplan eines Clusters interpretiert, heute ist man eher so ein bisschen bei diesem
00:20:42: Begriff Raumkonzept, also so ein bisschen eine räumliche Darstellung von organisatorischen
00:20:49: Dingen, von Notwendigkeiten, was brauche ich in einem Closter? Es sind also nicht Grundrisse,
00:20:55: die man hier sieht, obwohl diese vielen roten und vor allem roten Linien so ein bisschen
00:21:00: wie Grundrisse wirken. Es sind Zeichnungen von Gebäuden, aber man kann das nicht eins
00:21:04: zu eins als Bauplan nehmen und in die Höhe ziehen. Und weil das so spannend ist, dieses Dokument,
00:21:10: hatte der Initiatur dieses Projekts hier schon vor vielen Jahren die Idee, ob man nicht
00:21:17: tatsächlich den irgendwie noch als Bauplan nutzen könnte und wirklich mal in die dritte
00:21:22: Dimension bringen in der Realität. Ja, das ist im Prinzip dann ab 2012 letztlich hier
00:21:29: in Meskisch passiert, dass man ja Partner gefunden hat, diese Trägerverein Partner gefunden hat,
00:21:35: ja von seinem Gemeindemeister, Bürgermeister, vom Meskisch, ja der einen Zwick war, hatte
00:21:40: dann offenes Ohr für diese verrückte Idee und hat sich eben erhofft, dass man durch dieses
00:21:45: Projekt vielleicht wirklich wieder ein paar mehr Menschen in die Region kriegt und aus seiner
00:21:51: Sicht die Stadt auch wirtschaftlich vielleicht mal davon profitieren kann und auch die Lebensqualität
00:21:56: einfach steigt, wenn die Region wieder attraktiver wird. So kam dann im Prinzip eins zum anderen,
00:22:02: also es gab dann das Gelände, es gab diesen Plan, der vor 1200 Jahren auf der Insel Reichinau
00:22:08: erstellt worden ist als Geschenk an die St. Gallo-Mönche und ja, der landet jetzt hier im Prinzip
00:22:15: in Meskisch und wird zerbrechen uns jeden Tag den Kopf darüber, wie wir jetzt was genau
00:22:20: umsetzen werden und verbringen das schon mit der Planung, der Bauplanung von Gebäuden,
00:22:26: Monate wenn nicht Jahre, bis wir dann wirklich auch eine Baufreigabe haben, die brauchen wir auch
00:22:32: und bis die Handwerke dann wirklich loslegen können, da sind viele Zwischenschritte nötig.
00:22:37: Zumal der, also der S. Gallo-Closter-Plan, ja wenn man ihn jetzt als Bauplan heranziehen möchte,
00:22:43: da fehlt es ja an allem nicht nur an der dritten Dimension glaube ich, der überhaupt nicht
00:22:47: eingezeichnet ist. Ja genau, also es ist ein wunderschönes Stück Pergament, das so ne,
00:22:52: beinahe kaligrafische Züge hat, also die Linien sind schön, da sind Schnörkel,
00:22:57: das sind Ornamente, die Linien selbst, die schließen manchmal mit so kleinen Enden ab,
00:23:03: die sowieso sehr riefen bei einer Schrift wirken und so, also das Ganze erinnert so ein bisschen an
00:23:07: die Buchkunst auch des neunten Jahrhunderts. Ja, es sind vor allem Rechtecke, da sind dann Linien drin,
00:23:14: da sind auch Beschriftungen drin, teilweise ist Mobiljahr eingezeichnet, Betten, Schränke, Tische,
00:23:19: teilweise ist es aber auch gar nichts drin, teilweise steht dann einfach nur, dass ist das,
00:23:25: der Raum wo der Schnitt drin ist zum Beispiel, da steht dann irgendwie, oder steht Goldschmied,
00:23:30: oder steht, ja, es steht Zugtiere, oder steht, es steht einzelne Wörter drin, von denen wir
00:23:36: vielleicht heute auch so gar nicht mal so richtig wissen, was damit eigentlich gemeint ist. Das ist
00:23:40: die reine lateinische Übersetzung bringt uns da manchmal nicht weiter, weil wir nicht wissen lassen,
00:23:44: die damit verbunden haben. Also es gibt immer wieder so Wörter, wo man sich dann den Kopf drüber
00:23:48: zerbricht, oder manche Wörter sind irgendwie ein ungewöhnliches Latein, vielleicht, also es gibt
00:23:54: viele, viele Fragen noch an diesem Plan. Dieser erste Schritt, sich zu überlegen, wie wir da jetzt
00:23:59: ein Gebäude draus machen können, der ist für mich jetzt von meinem wissenschaftlichen Hintergrund
00:24:04: her schon unheimlich spannend. Also da bin ich eine Riesenfreude dran, das zu diskutieren mit Leuten
00:24:08: und dann nachher zu sehen, was die Handwerker draus machen, beziehungsweise die Architekten oder
00:24:13: unser Zimmerermeister, der dann für den Bau antragt, dann auch das zum Teil schon in 3D am
00:24:20: Computer einfach mal umsetzt, sodass man sich das mal anschauen kann und das natürlich toll ist,
00:24:25: so Schritt für Schritt dabei zu sein und jeden Schritt mitzuerlegen. Wer den Klosterplan im
00:24:30: Original mal begutachten möchte, der braucht viel Geduld und kann auch nicht lange im Blick,
00:24:34: glaube ich, drauf machen im Stiftsbezirk in St. Gallen. Wenn man aber bei ihnen zu Gast ist,
00:24:40: bekommt jeder Besucher einen kleinen Pfaltplan, oft mit dem, was ich auf dem Gelände orientieren
00:24:44: kann. Also wir haben einen Pfaltplan vom Gelände und da ist auch im Prinzip in klein der Klosterplan
00:24:50: mit drauf, sodass man ein bisschen den räumlichen Bezug herstellen kann. Aber den Klosterplan an
00:24:55: sich anzuschauen im Original, auch wenn man ihn nur 20 Sekunden lang sehen darf, weil er nicht irgendwie
00:25:02: so viel Licht ausgesetzt werden darf, ist trotzdem absolut sehenswert in St. Gallen. Das können
00:25:08: wir auch absolut empfehlen. Wenn wir uns jetzt morgen auf den Weg machen würden zum Campus Galli,
00:25:15: was finden wir davor? Also das können wir schon verraten, die große Abteil steht noch nicht,
00:25:19: die hängt es sich noch auf. Aber was ist der aktuelle Stand? Ja, also wenn sie zu uns aufs Gelände
00:25:24: kommen, das mal angenommen werden, wirklich irgendwie so einen Momentan, so einen Tag mit
00:25:29: ein bisschen durch Wachs und Wetter, so schön Sonne und ab und zu vielleicht mal ein paar Wölkchen,
00:25:34: die vorbeikommen, dann erleben sie jetzt momentan, ein wunderschönes, grünes, weitläufiges Gelände,
00:25:40: laufen da erst mal so ein bisschen durch die Wiesen Richtung Waldrand und werden sie sich dann da
00:25:48: auf den Weg entlang laufen, dann kommen sie so nach und nach an verschiedenen Werkstätten vorbei,
00:25:53: wo dann je nachdem, was an dem Tag im Mann steht, mal mehr, mal weniger passiert, es kann sein,
00:25:59: dass an manchen Werkstätten niemand ist, dafür an anderen umso mehr. Wie gesagt, sind das hier
00:26:04: aus dem Wiesig, übers Gelände laufen, als Intern-Korpemacher, Töpfer, Schneide, Drecksler,
00:26:08: Küfer, also die verschiedensten Handwerker in kleinen Gebäuden untergebracht oder zum Teil
00:26:14: auch nur Unterstände und dann gibt es in größere Gebäude uns eingezeugte oder mit Mauern umgebende
00:26:21: Areale oder zum Beispiel ein Gemüsegarten drin ist oder ein Obstgarten, wir haben eine sehr große
00:26:29: Scheune inzwischen gebaut, die ein riesiges Strohdach besitzt, das fast bis auf den Boden runter reicht,
00:26:34: also von weitem das fast ein bisschen so ein zeltartiges Erscheinungsbild, aber wenn man dann reingeht,
00:26:39: dass das eigentlich in eine riesige Halle, das finde ich immer wieder interessant, wie es von außen,
00:26:44: von innen ganz anders wirkt und all das, was man da sieht, ist eben wirklich von Hand von den
00:26:49: Handwerkern gemacht worden, ohne jetzt irgendwie moderne Technik zu nutzen. Im Eingangsbereich,
00:26:55: da haben wir ganz normal moderne Kassen, natürlich auch einen kleinen Museumshop mit Kaffee trinken
00:27:01: und Kuchen und all die, sagen wir mal, Gelüste des modernen Lebens irgendwie noch befriedigen und
00:27:07: dann kann man sich ins Mittelalter begeben und auf dem eigentlichen Gelände den Wegen folgen und
00:27:14: den Handwerkern beim Arbeiten zuschauen, sie auch fragen, wenn man Interesse hat an dem einen oder
00:27:19: anderen Arbeitsschritt oder an dem, was da gerade passiert. Es kann auch sein, wenn jetzt dann doch
00:27:23: mal irgendwie ein bisschen eine stabilere Wetterlage kommt, dass dann viele mal auf den Weiden
00:27:28: und Wiesen sein werden, um mit Rechen und Gabeln vielleicht das Heut zu wenden, damit es anständig
00:27:35: durchtrocknet, es kann auch sein, dass es gerade ein Landwirt da mit seinen Zugtieren, mit den
00:27:40: Ochsen oder den Pferden, um dann das Heut zum Beispiel in die Scheine einzufahren. Also so ändert sich
00:27:46: das Tag für Tag so ein bisschen und es sind eben unsere fest angestellten Handwerker da,
00:27:51: aber es sind auch wirklich viele, viele ehrenamtliche Helfer da, die dafür ein, zwei, drei Wochen mal
00:27:56: mitarbeiten oder vielleicht sogar Berufsschulklassen von Zimmerern und anderen Schreiner oder Mauern,
00:28:05: die kommen um mal die Wurzeln ihres Handwerks kennenzulernen und dann auch mitarbeiten. Also es
00:28:11: sind dann an den meisten Tagen, sind so 30 bis 40 Personen am arbeiten, es können aber durch auch
00:28:19: mal 50 oder noch mehr sein, wenn dann auch noch Gruppen da sind. Wenn jetzt gerade die Schulklassen
00:28:25: ansprechen, auch Familie mit Kindern, habe ich gesehen Campus Gali findet jeder, glaube ich,
00:28:31: was ihn faszinieren kann. Es ist eben so vielseitig, dass eigentlich jeder etwas findet,
00:28:37: an dem er Freude hat und dass, also ich wirklich noch selbst niemand erlebt hat,
00:28:42: den Wimsberg uns nicht gefallen hat. Für die Kinder haben wir ein paar kleine Zusatzdinge,
00:28:47: ein kleines Rätsel, das man sich am Eingang abholen kann, wenn man auch für die ganz klein so ein
00:28:50: Suchspiel muss einfach an den Werkstätten, also ein paar Dinge suchen oder entdecken müssen und
00:28:56: dann auch eine Verlustung teilnehmen können. Und wir haben in den Ferien auch Mitmachangebote,
00:29:02: jeweils Mittwochs, wo dann speziell auch für, also darf jeder mitmachen, aber zumal für Familien
00:29:09: wahrscheinlich besonders gereignet, so weil Kinder und Erwachsen da gleichermaßen dann miteinander
00:29:14: auch was machen können, was ausprobieren können. Ja, aber auch dazwischen kann man natürlich immer
00:29:19: mal fragen, ob man irgendwas in die Hand nehmen darf, ob man mal was ausprobieren darf. Die meisten
00:29:24: werden einen auch gerne mal kurz irgendwo, wenn einmal was zeigen oder mal kurz ihre Arbeit vielleicht
00:29:30: auch niederlegen, um einen Reinstoppern zu lassen. Und die meisten Kinder werden da trotzdem,
00:29:34: trotz dass sie jetzt vielleicht mit Baustellen ohne Bagger vielleicht dann erst mal sagen,
00:29:39: nee, das ist ja langgällig, nee, die meisten Kinder finden das trotzdem total spannend. Durch unser
00:29:44: ganzes Gespräch zieht sich logischerweise natürlich auch, wir schauen auf den Campus Gali
00:29:48: ins frühe Mittelalter und dann sind sie ja immer wieder mit der Moderne konfrontiert. Wir hatten
00:29:55: das jetzt gerade mit so einer Nebensächlichkeit fast, wie dass es da ja auch einen modernen Shop
00:29:59: am Eingangsbereich gibt, bevor wir dann sozusagen ins Mittelalter kommen. Das beschäftigt sie ja,
00:30:04: aber glaube ich an ganz vielen Stellen, vorher war das Stichwort mit der Baugenehmigung. Wie ist
00:30:10: das denn vielleicht noch, wenn der Ansatz, der Anspruch, mittelalterlich zu bauen auf deutsche
00:30:16: Bauverschriften des 21. Jahrhunderts trifft? Ja, das ist tatsächlich manchmal spannend,
00:30:23: manchmal frustrierend. Letztlich muss man da einfach auch mit allen Beteiligten immer versuchen,
00:30:30: ohne Lösungen zu finden. Es gibt einfach Punkte, wenn es um Sicherheit geht oder um Hygiene,
00:30:35: dass ja im Prinzip auch so ein bisschen was von Sicherheit hat, da geht es einfach um. Wir
00:30:39: haben die Unversehrtheit, sowohl von Besuchern wie auch von Mitarbeitern, da darf man natürlich
00:30:46: keine Kompromisse machen. Und dann ist ein bisschen die Frage, wie man moderne Anforderungen erfüllen
00:30:52: kann, ohne vom mittelalterlichen Arbeitsweisen abzuweichen. Und das ist manchmal nicht ganz
00:30:59: einfach. Es gibt Punkte, da geht es einfach nicht, da stehen wir da auch dazu. Also die meisten
00:31:06: Mitarbeiter einfach mit Sicherheitsschulen auf dem Gelände, die Stahlkappen drin haben und die
00:31:12: sind auch erkennbar als moderne Schule, da verstecken wir nix. Einfach weil das nötig ist. Wenn
00:31:17: jemand ein Stein oder einen Balken auf dem Fuß fällt und der Fuß ist kaputt, das wäre furchtbar.
00:31:23: Und am Ende ist das natürlich auch ein Versicherungsthema, weil man darf sowas gar nicht
00:31:28: mehr. Und ähnlich ist es auch mit Seehilfen zum Beispiel, wenn jemand Brillenträger ist,
00:31:33: dann trägt er seine Brille, auch wenn es im 19. Jahrhundert noch keine Brüllen gab,
00:31:36: einfach weil er sich sonst auch auf den Finger hauen würde oder den Finger schneidet oder was
00:31:40: auch immer. Also es gibt diese Kompromisse, die gibt es auch bei den Gebäuden. Manchmal müssen
00:31:45: wir unsere ersten Pläne sozusagen, die wir, die unsere Entwürfe aufgrund von Brandschutz oder
00:31:53: ähnlichen Dingen Brandschutzauflagen irgendwie anpassen, versuchen aber trotzdem irgendwo
00:31:59: innerhalb dieses mittelalter Thema und Konzept zu bleiben. Wenn es nicht möglich ist, dann zeigen
00:32:07: wir es auch gerne. Also so sind in der Scheune ein paar zusätzliche Schrauben zum Beispiel in den
00:32:12: Balkenverbindungen drin, einfach als zusätzliche Sicherung, weil es von der Prüfstartik her so
00:32:18: vorgeschrieben ist. Das fällt im ersten Moment nicht auf, aber wenn man hinguckt sieht man es schon
00:32:22: und das darf man auch sehen. Das ist eine moderne Anforderung, das hätte man im Frühmittelalter
00:32:26: einfach nicht gemacht, weil die Erdbeben wahrscheinlich kein so gering ist, dass ein,
00:32:31: wenn ich eine Erdbeben im Dorf seines Lebens vermutlich gar nicht erlebt hätte und dem
00:32:37: entsprechend auch nicht dafür vorgesorgt worden wäre mit zusätzlichen Sicherungen. Also das
00:32:43: sind so Themen oder bei den Tieren zum Beispiel, da gibt es natürlich auch Anforderungen vom Veterinär
00:32:48: Dienst. Das alles finde ich gelingt uns bislang sehr gut, sodass es bislang jetzt kein Problem darstellt,
00:32:57: es kostet nur oft Zeit, so ein Weg zu finden und da braucht es auch einfach Leute, die kreative
00:33:03: Köpfe sowohl auf den Behörden, wie auch bei uns, die dann gemeinsam solche Lösungen entwickeln können.
00:33:09: Der Campus Gully ist eine tolle Erfolgsgeschichte, das vermittelt sich einem sofort, trotzdem darf
00:33:16: mir auch über Herausforderungen sprechen, die sicher geben wird. Was könnte aus ihrer Sicht
00:33:20: besser laufen oder was wünschen sie sich für ihr Projekt? Ja, also was im Mittelalter nicht
00:33:28: anders war als heute ist, dass sich viele Probleme mit Geld lösen lassen, weil man mit Geld einfach
00:33:35: mehr Mitarbeiter bezahlen kann, die dann all die Herausforderungen bearbeiten können und einfach
00:33:43: mehr Köpfe und mehr Hände schaffen mehr als weniger. Das heißt, wenn es uns gelingt, weiterhin
00:33:51: viele Besucher anzusprechen, die zu uns kommen, vielleicht auch dazu zu motivieren, uns was zu
00:33:58: spenden als gemeinnütziges Projekt, sind wir auch also empfänglich auf jeden Fall für spenden,
00:34:03: können da entsprechende Quittungen auch ausstellen, dann wird unser Fortbestand, unser Fortbestand
00:34:09: dieses Projekts, unsere Arbeit sicherer, stabiler und wir können uns so ein paar Dingen besser widmen,
00:34:16: die momentan auch zu kurz kommen. Also wir haben vorhin schon so ein bisschen über den Erkenntnisgewinn
00:34:21: noch gesprochen, der da manchmal entsteht und eigentlich braucht es da noch mehr Leute, die all
00:34:27: diese Dinge dokumentieren, die wir machen, die einfach dabei sind, begleitend, um Materialmengen,
00:34:35: Dauer, Aufwand, Stundenzeiten, was auch immer, um das alles zu dokumentieren und dann wiederum
00:34:43: zur Verfügung zu stellen, damit die Forschung damit arbeiten kann und wir diesen Erkenntnisgewinn
00:34:48: auch wirklich nach großen tragen können. Also wir sind ein gemeinnütziges Projekt und als
00:34:54: solches geht es nicht darum Überschüsse zu erwirtschaften, sondern einfach nur irgendwie
00:34:58: durchzukommen. Eine Frage hätte ich zum Schluss noch, die muss ich ein bisschen umdrehen, aber ich
00:35:03: kann nicht widerstehen, ich weiß, sie arbeiten so lange bis es gut wird, aber dann frage ich andersrum,
00:35:07: werden Sie und ich es noch erleben, dass der Campus fertig wird? Ich glaube nicht. Dazu müssen Sie mir
00:35:14: verraten, wann der Campus fertig ist. Woran wird es festmachen? Wann ist Messkirch fertig? Wann
00:35:23: ist Konstanz fertig? Wann ist Stuttgart fertig? Es ist natürlich als jetzt von mir ein bisschen
00:35:29: provokativ zurückgefragt. Absolut richtig. Man meint natürlich in der Regel, so wann ist denn alles,
00:35:35: was auf dem Glosterplan zu sehen ist, auch mal in irgendeiner Form auf das Gelände projiziert
00:35:40: worden, das ist wahrscheinlich, meinen Sie das, mit fertig. Und das sind sicherlich noch Jahrzehnte.
00:35:46: Also insofern wünsche ich uns irgendwie ein langes Leben und hoffe, dass ich es noch erleben
00:35:52: werde. Aber sicher sagen kann ich es Ihnen nicht, weil wir für viele Dinge, gerade das große Bauprojekt
00:35:59: der Abteikirche, noch wirklich in den absoluten Anfangsschritten stecken und diese Erfahrungen,
00:36:08: die wir beim Bau jetzt kleinere Gebäude machen, auch unheimlich wichtig ist für den Bau einer
00:36:13: großen Abteikirche. Und letztlich beschleunigt sich alles vom Bauablauf. Das merken wir jetzt schon.
00:36:20: Am 1. und 2. dritten Jahr haben wir uns viel, viel schwerer getan. Da ging es langsamer vor,
00:36:24: weil es zum einen das Werkzeug noch nicht da war, weil da war auch noch nicht so viel Personal,
00:36:28: da war die Erfahrung noch nicht da war, weil Dinge wie Baugerüste oder Hilfswerkzeuge
00:36:33: einmal einfach noch nicht in der Anzahl da waren. Die Sinnitzdare können wir noch zurückgreifen.
00:36:38: Wir haben auch wirklich viel, viel mehr ehrenamtliche Helfer, als wir das am Anfang hatten. Und so wird
00:36:44: sich das beschleunigen. Aber wie sehr sich das beschleunigt? Das kann ich selber auch nicht sagen.
00:36:47: Ich gehe aber davon aus, dass wir hier 50, 60, 70 Jahre vielleicht schon noch am arbeiten sind.
00:36:52: Und dann sind wir in einem Ende fertig. Und noch bevor wir wahrscheinlich den Grundstein legen für
00:36:58: die Abteilkirche, müssen wir schon wieder erste Schindeldecher neu decken und vielleicht sogar
00:37:03: das eine oder andere Gebäude mit ne Wand richten, das Scheunen nach, das Stroh erneuern,
00:37:07: das Fachwerk wieder neu aus mit Leben auskleiden. Also es wird ein ständiges Arbeiten bleiben.
00:37:15: Und es ist ja aber im Prinzip auch wiederum spannend, weil wir weiterhin dieses traditionelle
00:37:21: Handwerk am Leben halten können, weil wir auch zeigen können, dass Gebäude, dass man Gebäude
00:37:26: reparieren kann, wenn man sie nicht aus Bettung baut. Und ja, wir viel noch erhalten können und
00:37:33: lernen können über das Bauen und Leben im Mittelalter. Auch auf lange Zeit noch. Selbst wenn mal
00:37:39: alle Gebäude in irgendeiner Form da sind. Dr. Hannes Nappiralla, Geschäftsführer des Campus Galle
00:37:45: e.V. in Meiskerich. Vielen herzlichen Dank für das Gespräch. Gerne. Das war der Bodensee Podcast,
00:37:52: der Podcast von echtbodensee. Und wenn ihr jetzt natürlich unbedingt selbst einmal den Campus
00:37:58: Galle besuchen möchtet, dann schaut wie immer in unsere Show Notes. Dort findet ihr alle
00:38:02: Informationen rund um dieses faszinierende Projekt. Mein Name ist Peter Meisterhans. Ich sag vielen
00:38:08: Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.
00:38:10: [Musik]
Neuer Kommentar